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Die Jüdische Gemeinde Gleusdorf

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts sind erstmals jüdische Einwohner in Gleusdorf nachweisbar. 50 Jahre später lebten im Ort etwa 40 Jüdinnen und Juden in sechs Haushalten. Die kleine Gemeinde wuchs später kaum noch – mit 52 Mitgliedern erreichte sie 1851 ihre maximale Größe. Zwar besaß die Gemeinde eine eigene kleine Synagoge, einen eigenen Lehrer konnte sie sich jedoch nur zeitweise leisten. Ihre Verstorbenen bestattete die Gemeinde bis zuletzt auf dem Friedhof in Ebern.

... dass in diesem Jahr der zweyte jud das zweyte von einem Christen erhandelte Haus bezogen haben solle.

Anno 1611

Die Gleusdorfer Juden zahlten steuerliche Abgaben und ein spezielles Schutzgeld an das Kloster Banz, bevor sie in Folge der Säkularisation 1803 als Untertanen des bayerischen Königs schrittweise von rechtlichen Einschränkungen und Sonderbelastungen befreit wurden. Dennoch blieben die Mitglieder der jüdischen Gemeinde im Ort arm. Sie erwirtschafteten ihr Einkommen meist als Hausierer und Viehhändler. Nur Einzelnen gelang der Erwerb von Ackerland, so dass sie Landwirtschaft betreiben konnten.

Auch die Familie des 1773 geborenen Moses Morgenthau lebte in bitterer Armut in Gleusdorf. Dennoch absolvierte sein ältester Sohn Lazarus eine Schneiderlehre. Er gründete im Schwäbischen eine Krawattenmanufaktur und stieg 1843 in Mannheim in die Zigarrenfabrikation ein. Mit Erfolg: einige Jahre später stieg er in New York zu einem der erfolgreichsten Unternehmer der Stadt auf. Sein Sohn Henry Morgenthau I. ging in die Politik und als US-Botschafter nach Konstantinopel, wo er über den Völkermord an dem Armenier 1915 berichtete. Henry Morgentau II. – Lazarus Enkel – stieg 1934 schließlich sogar zum US-Finanzminister im Kabinett von Präsident Roosevelt auf.

Nach Lazarus Morgenthau verließen auch andere junge Juden Gleusdorf im 19. Jahrhundert, um andernorts ein besseres Auskommen zu finden. Spätestens nach 1861 sank die Zahl der Gemeindemitglieder rapide und 1909 verließen mit der Familie Baum die letzten Juden den Ort. Die jüdische Gemeinde wurde offiziell aufgelöst und die Synagoge verkauft. Josef Baum zog mit seinen Eltern nach Bamberg und gründete dort eine eigene Familie. Seine Frau verstarb und sein Sohn emigriert; Josef Baum war der einzige in Gleusdorf geborene Jude, der 1941 deportiert und im KZ ermordet.